Monatsspruch
Die Güte des HERRN ist‘s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß. (Klagelieder 3,22-23)
Ein Mensch klagt über kaum vorstellbares Leid, das ihm widerfahren ist. Er klagt über die Zerstörung des Tempels in Jerusalem und die Verschleppung vieler Menschen in das Babylonische Exil. Das Ereignis aus dem Jahr 586 v. Chr. ist eine der schmerzhaftesten Zäsuren in der Geschichte des Volkes Israel. Orthodoxe Juden lesen die Klagelieder immer noch wöchentlich an der Klagemauer in Jerusalem, dem letzten Überbleibsel des 70 n. Chr. zerstörten zweiten Tempels.
Der Schmerz über den Verlust und das Unverständnis über das Handeln Gottes sind jedoch nicht die einzigen Aspekte der Klagelieder. Der Autor – der viele Jahrhunderte mit dem Propheten Jeremia identifiziert wurde – sieht auch Hoffnung, hat auch Vertrauen, dass sich Gott seinem Volk wieder zuwenden und das Unheil überwinden wird. Berechtigte Hoffnung, denn das Volk Israel wird in die Heimat zurückkehren können.
Geschichten aus alter Zeit? Sicherlich, aber auch sehr aktuell. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Deutschland in Trümmern, ein Symbol dafür kann die zerstörte Frauenkirche in Dresden sein. Nach der Wiedervereinigung wurde sie auch mit Spenden ehemaliger Feinde wiederaufgebaut und ist heute ein Symbol der Hoffnung und des Friedens. Und was in der großen Politik möglich ist, geschieht auch im Kleinen: Gott ist gütig, barmherzig und treu – wir sind nicht verloren.Michael Tillmann